Historie

Handwerks- und Innungsgeschichte

Die Anfänge der Gebäudereinigung lassen sich bis ins Mittelalter zurückverfolgen. Die damaligen Wand- und Wagenwäscher zogen mit Pferdewagen über die Lande, bepackt mit Leitern, Bürsten, Besen, Wasser- und Sandkübeln. Nachdem der Belgier Ernest Solvay im Jahre 1861 durch kostengünstige Glasproduktion diesen Baustoff breiten Bevölkerungsschichten eröffnete, war der Grundstein für die gewerbliche Glasreinigung gelegt. Der Pionier dieses Gewerbes in Deutschland war der Franzose Marius Moussy aus Lyon, der Ende des Jahres 1877 in Berlin damit begann Schaufenster und Fenster gewerblich zu reinigen. Ab diesem Zeitpunkt wuchs das Glasreinigungsgewerbe stetig. Das Aufblühen der Industrie im Deutschland der „Gründerzeit“ zog den Bau von großen Geschäftshäusern, Verwaltungsgebäuden, Bahnhöfen und Ministerien mit riesigen Natursteinfassaden und wuchtigen Fenstern nach sich. In der sächsischen Haupt- und Residenzstadt Dresden war es der Kaufmann Paul Bruno Bertram Höhne, der am 01.Oktober 1884 als erster eine Firma gründete, die Fensterreinigungsarbeiten gewerbsmäßig ausführte. Um die Jahrhundertwende entwickelte sich das Aufgabenfeld weiter. Die Glasreinigung blieb zwar die Kerntätigkeit der „Reinigungs-Institute“, viele führten jedoch daneben bereits andere Arbeiten aus: Fassadenreinigung mit Hilfe von fahrbaren mechanischen Leitern, Parkettreinigung, Unterhaltsreinigung, Verkehrsmittelreinigung, aber auch Wach- und Schließdienste sowie die Trottoir- und die Straßenreinigung. Auch bei der Fußbodenreinigung wurden bereits technische Hilfsmittel wie Staubsauger nach dem Prinzip einer Pumpe eingesetzt. Aus der einfachen Glasreinigung entwickelte sich die Gebäudereinigung.

Nachdem sich um die Jahrhundertwende in allen größeren Städten Reinigungsbetriebe etabliert hatten, lag das Bemühen nahe, sich in einem Verband zusammenzuschließen. Am 07. Juli 1901 wurde in Berlin auf Initiative des Göttinger Verlegers Ernst Kelterborn, der seit April dieses Jahres das „Zentralblatt der Reinigungsinstitute Deutschlands“ herausgab der "Verband der Reinigungsunternehmer Deutschland" gegründet. Seine Satzung sah als Untergliederungen die Bildung von „Gauen“ und „Ortsgruppen“ vor. Am 22. Februar 1903 wurde im Hotel „Vierjahreszeiten“ in Dresden der „Gau Königreich Sachsen“ gegründet, im Grunde der direkte Vorläufer unserer heutigen Innung. Anwesend waren 14 Personen, die Herrn Zschiesche von der Firma Höhne und Zschiesche aus Dresden, zu ihrem ersten Vorsitzenden wählten. Im Jahre 1904 richtete der Gau den Reichsverbandstag in Dresden aus. 1909 schloss er sich mit dem Gau Thüringen zum Gau Thüringen-Königreich Sachsen zusammen, da der Thüringer Gau aufgrund der geringen Mitgliederzahl nicht mehr existenzfähig war.

Während des 1. Weltkriegs brach das Verbandsleben so gut wie zusammen, da die Mehrzahl der Unternehmer einberufen wurde. Kurz nach Kriegsende, 1919, begann man jedoch mit der Reorganisation. Der Gau wurde in „Gau Mitteldeutschland“ umbenannt und umfasste nun auch das heutige Sachsen-Anhalt. Auf die verheerende Inflationszeit reagierten die Glas- und Gebäudereiniger mit dem massiven Ausbau ihrer Berufsorganisation. In jeder größeren Stadt entstanden nunmehr Ortsgruppen. Auch im Gesamthandwerk baute man die Organisationen konsequent aus. Dabei machte man erstmals verstärkt von der durch „Handwerkergesetz“ von 1897 geschaffenen Möglichkeit der Gründung sog. „fakultativer Zwangsinnungen“ Gebrauch. Anders als die sog. „freien Innungen“, die in allen Gewerben gegründet werden durften, waren diese nur dem Handwerk vorbehalten. Sprach sich die Mehrheit der Selbständigen eines Handwerks in einem höheren Verwaltungsbezirk für die Errichtung einer solchen Innung aus, bestand für sie Beitrittszwang.

Am 16. Dezember 1923 wandelte sich die Chemnitzer Ortsgruppe der Glas- und Gebäudereiniger in eine freie Innung um, denn die Rechtsform der Innung bot gegenüber der des Vereins eine Reihe von Vorteilen. Als Innung konnte man beispielsweise das Ausbildungswesen selbst näher regeln.

Der erste Vorstand bestand aus den Herren Straube (Obermeister), Hildebrandt (stellv. Obermeister), Berthold (Schriftführer) und Hegerlick (Kassierer). Die freie Innung Chemnitz war damit reichsweit die sechste Innung im Gebäudereinigergewerbe. Der nächste entscheidende Schritt für das gesamte Gebäudereinigergewerbe war die Zustimmung des sächsischen Handwerkskammertages zur Umwandlung der mittlerweile gegründeten freien Innung Leipzig in eine fakultative Zwangsinnung. Diese erfolgte am 11. Januar 1926. Damit waren die Glas- und Gebäudereiniger erstmals als Handwerker anerkannt, da eine solche Innung eben nur von Handwerkern gebildet werden durfte. Mit der Entscheidung des sächsischen Handwerkskammertages bestand nun für alle Glas- und Gebäudereiniger in Sachsen die Möglichkeit, eine solche Zwangsinnung zu gründen. In Dresden geschah dies am 15. Januar 1927. Obermeister wurde Karl Lamprecht, stellvertretender Obermeister Franz Exner. Während dieser Zeit war der Gau Mitteldeutschland sanft entschlafen. Die Inflation hatte seine gesamten Mittel aufgezehrt. Erst am 28. April 1929 wurde wieder ein sächsischer Landesverband gegründet. Ursprünglich sollten ihm alle drei sächsischen Innungen angehören, doch lehnte Leipzig kurz vor der Gründung eine Mitgliedschaft ab. Der Verband entstand daher nur als Zusammenschluss der Innungen Chemnitz und Dresden. Vorsitzender des Verbandes wurde Franz Exner, als Beisitzer wurden die Herren Mühl, Paul, Günter und Zschiesche gewählt.

Nach einem halben Jahr entschied sich Leipzig doch noch zur Mitgliedschaft und trat im Januar 1930 dem Landesverband bei. Auf Reichsebene war am 29. August 1929 zwischenzeitlich der „Reichsverband der Glasreiniger-Innungen“ gegründet worden, dessen erster Vorsitzender Clemens Kleine wurde. Bis zum Ende der Weimarer Republik wuchs die Zahl der Innungen im Gebäudereiniger-Handwerk auf 38. Mit dem Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft änderte sich das Bild erneut. Dabei war die Anerkennung als Handwerk im Juni 1934 für die sächsischen Gebäudereiniger faktisch bedeutungslos, ebenso die Anordnung vom November 1933 Pflichtinnungen zu gründen, denn über beides verfügte man schon. Einschneidend war jedoch der Verlust an Selbständigkeit. Die Innungen wurden „gleichgeschaltet“. Die Vorstände mussten mehrheitlich aus Nationalsozialisten bestehen.

Insbesondere der Obermeister hatte Nationalsozialist zu sein. Selbstverständlich wurde er auch nicht mehr gewählt, sondern von der Handwerkskammer bestellt. Mit der Errichtung des Reichsinnungsverbandes zum 1. April 1935 mussten sich die Landesverbände auflösen. An ihre Stelle traten im Auftrag des Reichshandwerksmeisters ernannte Bezirksinnungsmeister. Sächsischer Bezirksinnungsmeister wurde Alex Schnee aus Dresden. Mit Beginn des 2. Weltkriegs kam das Verbandsleben allmählich zum Erliegen und endete spätestens 1943 ganz.

Während die Gebäudereinigung nach dem 2. Weltkrieg in der Bundesrepublik Deutschland mit dem Gesetz zur Ordnung des Handwerks vom 17.September 1953 als Handwerk bestätigt wurde und sich im Laufe der Jahrzehnte unter marktwirtschaftlichen Bedingungen zu einem modernen Dienstleistungshandwerk entwickelte, verlief die Entwicklung in der DDR gegensätzlich. Nachdem das Handwerk in der DDR durch das „Gesetz zur Förderung des Handwerks“ von 1950 durch eine sehr niedrige Besteuerung zunächst gefördert worden war, begann die SED ab 1952 auch in diesem Wirtschaftsbereich sozialistische Eigentumsformen durchzusetzen. Es entstanden die Produktionsgenossenschaften des Handwerks (PGH). Die Existenz der privaten Handwerksbetriebe wurde im Gegenzug durch eine zunehmende Besteuerung erschwert. Für die privaten Gebäudereinigerbetriebe wurde die Situation dadurch noch komplizierter, dass sie am 01. Januar 1958 aus der Handwerksrolle gestrichen wurden.

Sie unterlagen damit nunmehr den restriktiven Bestimmungen über die Privatindustrie. Seit Mitte der fünfziger Jahre kam es zudem auch zum Aufbau der Dienstleistungskombinate, die später den größten Teil der Gebäudereinigung in der DDR ausführten.

Mit dem Befehl 161 der sowjetischen Militäradministration waren bereits im Mai 1946 alle Berufsorganisationen des Handwerks mit Ausnahme der Handwerkskammern verboten worden. Mit der Auflösung der Länder 1952 wurden dann in den einzelnen Bezirken der DDR Bezirkshandwerkskammern errichtet, die sich im Laufe der Zeit immer mehr zu staatlichen Planungs- und Lenkungsorganen entwickelten. An die Stelle der Innungen traten die sogenannten Berufsfachgruppen, denen sowohl die örtlichen Privatbetriebe als auch die PGH´s angehören mussten. Während der Reformphase der staatlichen Wirtschaftspolitik entstanden ab 1964 bei den Räten der Städte und Kreise sogenannte Abteilungen für örtliche Versorgungswirtschaft, die für die Planung und Lenkung des örtlichen Handwerks verantwortlich wurden. Gleichzeitig kam es zum Aufbau der sogenannten Versorgungsgruppen, denen die jeweiligen Dienstleistungskombinate als „Leitbetriebe“ vorstanden.

Schwerpunkt des Gebäudereiniger-Handwerks in der DDR war neben Berlin vor allem Sachsen. Hier bestand bis 1954 eine Berufsgruppe für das Land Sachsen, die im Zuge der Auflösung des Landes abgeschafft wurde. In der Folge entstanden nun eigenständige Berufsgruppen in Chemnitz, Dresden und Leipzig. Zum 01. September 1957 trennte sich die Berufsgruppe Zwickau von der Berufsgruppe Chemnitz ab. Am 13. März 1964 erfolgte durch das Präsidium der Handwerkskammer die erneute Gründung einer Berufsgruppe für den gesamten Bezirk Chemnitz. Die Berufsgruppe Dresden existierte bis 1970. In diesem Jahr wurde am 24. November eine Versorgungsgruppe für den Bezirk Dresden gegründet, die nun auch das DLK umfasste. Das DLK wurde zum „Leitbetrieb“ ernannt. Mit der „Verordnung über die Organisation des Handwerks in der DDR“ vom 22. Februar 1990 wurde das Innungswesen auch in der DDR wieder zugelassen. Die Berufsgruppe Chemnitz wandelte sich am 06. Februar 1991 wieder in eine Innung um. Obermeister wurde Friedrich Hutschenreuter. Die Innung Dresden gründete sich am 15. März 1991 mit dem Obermeister Dieter Riedel an der Spitze neu. Am 09. November 1996 schlossen sich beide Innungen zusammen und wählten Roland Böhm aus Schneeberg zu ihrem Obermeister.